Donnerstag, 27. November 2008

Pfarrer entlasten, die Gemeinde das Beten lehren, endlich zeitgemäße und verständliche Gottesdienste anbieten. Und: Reformation der Kirche ist dran!

Ich lese gerade Klaus Douglass und seine Gedanken über die erneute und immerwährende Reformation der Kirche. Er spricht mir aus dem Herzen. Er sagt, dass die Kirche dringend eine gründliche Reformation nötig hat. Ok, das wusste Luther aus schon. Douglass nennt 3 Gründen:
- a) vom neutestamentlichen Gemeindebau haben wir uns schon lange „meilenweit entfernt“,
- b) die innerkirchliche Krise ist in den rückläufigen Zahlen in wohl allen Gebieten mehr als offensichtlich, und damit zusammenhängend
- c)
Kirche erreicht mit seinen Angeboten nicht mehr die Lebenswelt des Menschen heute.
Du denkst: „Gut gebrüllt, Löwe! Das hab ich auch schon bemerkt.“

Was schlägt Herr Douglass nun aber vor? Hier ein paar Gedanken, die mir in der Lektüre wichtig wurden:
01) Abschaffung des Pfarramtes (nicht der Pfarrer) und der Pfarrerzentrierung. Stattdessen Gemeindeleitung in Teams. Der Pfarrer ist nicht mehr die eierlegende Wollmilchsau, die alles kann, sondern Trainer, der die Gemeinde befähigt, Christsein und Mission zu leben.

02) Gemeinde ist nicht das letzte Refugium der Auserwählten oder ein Schutzraum vor der Welt. Vielmehr geht von Gemeinde eine Bewegung aus. Christen werden in ihr ermutigt und gehen offensiv zu den Menschen.

03) Die Gesellschaft dampft nur so vor Spiritualität. Doch leider führt das Interesse an geistlichen Dingen die Menschen nicht in die Kirche. Was man in einem herkömmlichen Gottesdienst erlebt, entspricht so gar nicht den Bedürfnissen der Menschen. Stichworte: Predigt? Lieder? Ich könnte hier heulen!! Douglass fordert: „... müssen wir den Christen ... beibringen, wie sie ein erfülltes, kurzweiliges und leidenschaftliches Gebetsleben führen können.“

04) Maximales Befugnisse den Ortsgemeinden. Nicht von oben für die Gemeinden vor Ort entscheiden. Besser: Hirarchien abbauen. Die Basis stärken. Kirchenleitung muss die Gemeinden zur Arbeit freisetzen!!

05) Daraus folgt: Gemeinde muss frei ihr eigenes Profil bilden können. Die muss ihr Leitbild nach den Gegebenheiten vor Ort formulieren dürfen. Sie weiß doch am Besten, was nötig ist und wen sie wie erreichen kann.

06) Die Form des Gottesdienstes freigeben. „Es ist ein ganz und gar unerträglicher Zustand, dass unsere Gottesdienste seit Jahrzehnten und teilweise sogar schon seit Jahrhunderten weitgehend nach dem gleichen Strickmuster verlaufen, während sich die Menschen um uns herum permanent verändern.“ Was sagt ein Gottesdienst dem postmodernen Menschen und entspricht er seinem Lebensgefühl? Wir sollten das endlich zugeben: Wir erreichen die Menschen nicht mehr!!! Ursache? Gottesdienste schlecht, weil Theologie schlecht!!

07) Im Gottesdienst Gestaltungselemente nutzen, die die Menschen kennen. Theaterszenen, Interview, Filmsclips, Musik, die man auch zu Hause hört ... interaktiv. „... unter Hochdruck an der Entwicklung neuer Gottesdienstformen arbeiten.“

08) Kirchliches Leben wieder als um zwei Punkte kreisend verstehen (=Ellipse). Gottesdienst auf der einen Seite und Hausgemeinschaft, Kleingruppen, Hauskreise usw. auf der anderen. „You can only grow bigger if you grow smaller!“

09) Regelungen, Kirchengesetze vereinfachen. 80% abspecken. Strukturen müssen weich bleiben. Spielraum und Spontaneität ermöglichen. Wie lange dauert es, ehe man mal eine wichtige Entscheidung treffen kann?!?!

Hast du schon Erfahrungen mit der Umsetzung dieser Gedanken in deiner Gemeinde? Und: Was könnte Douglass meinen, wenn er sagt: "Theologie schlecht; Gottesdienste schlecht"?

LinkTip: soomah liest gerade auch Douglass
(Bild von hier)

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

a) zu pauschal
b) was ist "die innerkirliche Krise"
Geht eine "gesegnete Kirche" ausschließlich von einer Kraft zur andern?
c) Kirche erreicht nie jemanden. Die Menschen in der Kirche schon. Mit einem Satz alle kirliche Arbeit als nutzlos zu deklarieren ist einfache, polemisch und falsch.

01) Nicht alle Menschen sind Teammenschen. Teams machen nicht alles besser. Stell Dir vor, ich kenne Pfarrer, die Gemeinden in Teams leiten =)
Außerdem gibt es immer noch Älteste/Presbyterium.

02) Warum diese Gegensätze? Kann sie nicht beides sein? Darf ich nur noch in den Gottesdienst kommen, um nachher mit Traktaten auf der Straße zu stehen?

03)Verstehe ich nicht. Seh nix dampfen.

04) Was bedeutet das konkret?

05) Setzt eine Gemeinde vorraus, die aus lauter unheimlich motivierten und reifen Menschen besteht.

06) Ich persönlich finde Gottesdienste unerträgtlich, wenn ich nicht weiß, was passiert. Das gibt mir Sicherheit. Wenn da oft Überraschungen sind, geh ich nicht hin.

07) Passiert. Scheitert manchmal an der Architektur. Bei Clips spielen rechtliche Faktoren rein - das weiß so mancher JuGo Verantwortliche nicht ^^

08) Manche Gemeinden haben mit Absicht keine Hauskreise, weil sie eine Unterwanderung (stranger) Konfessionenen fürchten - was nicht immer unberechtigt ist. Überhaupt fehlt mir bei der Einschätzung der Aspekt der "Sicherheit" und theologischen Reflektion. Wenn viel öffnet, wird auch viel bekommen. Aber es ist nicht alles so pralle.
Und was bedeutet das "wieder"? War es "früher" so? Wann war diese früher? Ist früher biblischer als heute?

09) Hast Du überhaupt Einblick in das, von dem Du schreibst? Wenn eine Kirche so lange existiert wie die Landeskirchen, dann brauchen sie viele Regelungen. Es muss klare Wege geben. Es geht nicht um einen kleine 100 Leute Ortsvereinigung. Kirche ist auch Arbeitgeber, soziale Einrichtung, Lehre und Forschung und so weiter.


----
Eine wichtigere Frage ist auch das "wie". Wie kann das alles geschehen, was Du schreibst? Wenn selbst ich, der Dich mag =) schon so anders denkt, wie viele Meinungen wird es da noch mehr geben?
Was wird mit diesen Gedanken?
Ich denke, man kann halt nur seinen Teil dazu beitragen. Und das macht ihr ja auch ganz dolle =)
Aber man kann nicht 1000e von Leuten mit einem Blogeintrag "ändern". Irgendwer findet es ja auch gut so, wie es ist, sonst wäre es anders.

Anonym hat gesagt…

Meiner Meinung nach sind da viele gute Ansätze bei und es ist - nach wie vor - wichtig sich immer wieder Gedanken zu machen, was verändert werden kann, soll oder muss.

Zwei Punkte sind mir besonders aufgefallen:

1. Wenn er davon redet, dass die Gemeinde in einem Team geleitet werden sollte, dann vergisst er wohl, dass dies rein kirchenrechtlich bereits so ist! Denn das Presbyterium ist die Gemeindeleitung - auch wenn das in vielen Gemeinden nicht so ist und die Leute dort nur froh sind, wenn der Pfarrer alles macht, aber die Aufgabe wäre dann doch vielmehr Menschen zu befähigen, sie zu "guten" Leitern zu formen...

2. Die Idee, den Gemeinden vor Ort alle Freiheiten zu geben, hat zwei Seiten. Denn es kann dann genauso dazu führen, dass sich Gemeinden völlig vom Evangelium abwenden - entscheidend sind ja die Menschen dort und deren Glaube, was wiederum Tür und Tor für allerlei Esoterik und Pipapo öffnet. Ok, das ist mancherorts ja sowieso schon der Fall...

Bei allen Überlegungen, wie äußere Formen verändert werden können, muss es doch letztlich um die Veränderung der Herzen gehen. Dann werden Aufbrüche geschehen und nicht durch neues Design...

Ich weiß, ich weiß, das sind wieder sehr fromme Sprüche aus dem Mund eines "laissez-faire" Frommen...

Anonym hat gesagt…

Hallo bruder manfred

ich kann hier nur kurz antworten ... bei vielem hast du ja recht ... vieles weiß ich auch noch nicht ... mach mir ja auch meine gedanken ... diese thesen von douglass sollen anstöße sein und müssen geprüft werden

zuerst: „irgendwer findet es ja auch gut so, wie es ist, sonst wäre es anders“ ... und das ist das problem!

hier nur kurz zu deinen gedanken:

( a ) stimmt, hier müsste man einiges konkretisieren
( b ) es geht mir nicht um eine immer erfolgreiche und starke kirche ... auch die kirche wird in ihrer schwachheit die stärke gottes erfahren ... kirche steht wohl immer zwischen erlebter schwachheit und verheißung einerseits und zwischen erlebtem aufbruch und stillstand ... was die innerkirchliche krise ist, sagt douglass in seinem referat und ist wohl nicht zu leugnen
( c ) natürlich erreichen die menschen in der kirche ihr umfeld ... als nutzlos wird kirche nicht deklariert ... ich liebe gottes kirche!

( 01 ) das ist kein argument ... wer mitmachen will macht schnell mit ... ich erlebe hier in zerbst leute, die ganz schnell dabei sein wollen und die von sich aus viele ideen haben ... toll!! ich stelle mir das so vor: eine leitungsteam lebt und übt sich in eph 4, 7 und lehrt dieses alle anderen gemeindebesucher

( 02 ) du verstehst genau, was douglass hier meint

( 03 ) es gibt wohl zwei schienen, die parallel verlaufen ... zum einen die totale gottesleugnung und gottlosigkeit ... siehe auch den neuen atheismus in der literatur ... zum anderen ein reges interesse an religiösem ... have a look!! ... wie sich das anteilig zu einander verhält, kann ich nicht einschätzen

( 04 ) vor ort heißt das wohl immer etwas anderes ...

( 05 ) genau ... aber keiner muss perfekt sein ... und es darf auch durststrecken geben

( 06 ) das eine schließt ja das andere nicht aus ... ich mag es eher liturgisch

( 07 ) das muss natürlich klar geregelt sei ... kann man aber regeln

( 08 ) sicherheit und theologische reflektion dürfen nicht vergessen werden ... wer soll den reflektieren? ... früher: du kennst doch die argumentation von der apostelgeschichte her ... man traf sich im tempel und hier und da in den häusern ...

( 09 ) es kann hier natürlich nicht auf alles eingegangen werden ... aber: was hat denn die lange geschichte mit einem aufgeblähten apparat zu tun? ... junge kirche = wenig struktur? ... ich kenne hier einige gkrs, die ideen und wünsche und konkrete vorschläge für die kirchenarbeit haben, denen aber der weg sehr schwer gemacht wird (z.b. im blick auf einstellung von mitarbeitern) ... klar muss es klare wege geben ... aber: wer sagt denn, dass ein kirchliches gremium oben die ortsgemeinden verwalten soll? lasst doch die gemeinden eigenverantwortlich und naklar im austausch auf gleicher ebene und nach oben arbeiten ... strukturen müssen zweckmäßig sein ... im design gibt es das schlagwort „form und function“= die funktion eines gegenstandes/der auftrag der gemeinde muss die form bestimmen ... nicht anders rum ... gegen strukturen, die sicherheit vermitteln, spricht douglass nicht

soweit mal
grüßle nach lza
martin

Anonym hat gesagt…

Ich finde die Ansätze des Autors, bei aller Pauschalisierung, grundsätzlich gut.
Wir finden sie z.T, ähnlich bei Luther und den ersten Pietisten.

Ich arbeite z.T. auch in der Landeskirche und kann nur sagen:
Es gibt diverse Christen dort, die ihren Glauben leben.
Das ist Leben!

Und klar ist auch das:
durch die Arbeit "der" Landeskirche gibt es viel Gutes, was die Freikirchen aktuell nicht in diesem Maß leisten könnten.
Deshalb bin ich für die Christen der Landeskirche und alle Aktionen, die das Reich Gottes fördern.

M.E. hat die Landeskirche aber tatsächlich ein strukturelles Problem, das den Glauben und manche Aktionen behindern können.

Ich denke z.B. an die schon jahrhundertealte Forderung Speners (ich glaub, der war's), dass man die theologische Ausbildung ändern müsste. Aktuell ist es so, dass wohl weitgehend noch immer die liberal-kritische Theologie gelehrt wird. Damit sägt man sich den Ast ab, auf dem man sitzt. Wenn mancher Pfarrer dann Politik-Predigten hält oder den Kreuzestod Jesu relativiert, dann hat das mitunter wenig mit dem christlichen Glauben zu tun (auch, wenn eine politische Stellungnahme hier und da hilfreich sein kann, sofern sie denn das Wort Gottes als Grundlage hat).

Ferner begegnet mir im landeskirchlichen Raum eine bewusst gepflegte Hierarchie.
Woran macht die sich fest?
Dass normalerweise nur der studierte Pfarrer taufen darf und weitere Amtshandlungen vornehmen darf.
Hier schneidet sich die landeskirchliche Struktur m.E. mit dem Befund des NT: Im NT gibt es solche Amtsbefugnisse nicht und ich meine, dass wir auch nicht die Freiheit haben, solche einzuführen, da das Prinzip des allg. Priestertums aller Gläubigen und die Betonung der Gaben (nicht des Amtes) federführend sind. Es gibt also biblische Prinzipien, wie wir in der Gemeinde zu leben haben. Diese Prinzipien dürfen wir vielleicht verstärken, aber nicht beiseiteschieben.
Mit diesem Hierarchiebewusstsein wird ein strukturelles Problem geschaffen.

Ferner begegnet mir hier und da ein gewisses Machtbewusstsein:
In der kirchlichen Ordnung ist u.a. festgelegt, dass jeder, der in einem bestimmten Pfarrgebiet getauft wird, automatisch Mitglied der Landeskirche ist...
es sei denn, er gehört zu einer anderen anerkannten Kirche.
Stellt Euch vor, die Freikirchen würden solch einen Anspruch erheben. Das ist m.E. ein territoriales Machtbewusstsein, das sogar statuiert ist.

Das sind einige der Knackpunkte, die m.E. das Leben der Landeskirche behindern.
Wie geschrieben:
Es gibt viel schönes Leben in der Landeskirche!
Ich bin Zeuge davon!

Aber reformatorische Korrekturen halte ich für angebracht.
In diesem Sinne kann ich solche Bücher wie das des Autors nur begrüßen (wobei mehr Differenzierung sicherlich gut täte).

Segen!
Dirk.

Rike hat gesagt…

Hallo lieber Martin!

Dein Post regt zum Nachdenken und Kommentieren an!
Also ich finde das auch sehr interessant... diese Ansätze erinnern mich sehr an die Freikirchen, die davon schon einiges umsetzen. Sicherlich sind viele gute Ideen dabei.
Trotzdem denke ich, dass das nicht wirklich ausschlaggend bezüglich eines Gemeindewachstums ist.
Es gibt Gemeinden, die sind sehr modern, setzen auf Teamarbeit, locken mit tollen Angeboten, machen schöne Musik...aber das wichtigste fehlt bzw. wird bei all dieser Schaffenskraft aus den Augen verloren: Jesus in der Mitte!
Wenn Menschen in einer Gemeinde ehrlich Jesus nachfolgen und Gottes Maßstäbe in ihrem Leben ansetzen, werden sie Andere erreichen können.
Ich halte nicht viel davon, alles umzukrempeln und sich den Ansprüchen, die Menschen heute stellen, anzupassen.
Wenn das Evangelium das Wichtigste ist und in den Gottesdiensten verkündigt werden würde, würde die Arbeit der Kirchen/Gemeinden gesegnet sein.
Außerdem denke ich: es kommt nicht darauf an, wie viele Menschen erreicht werden oder zu einer Veranstaltung kommen.
Klar ist: Man muss auch versuchen, die Menschen draußen zu erreichen und sie genau in en Situationen anzusprechen, in denen sie sich befinden und die Lebensbereiche zu beleuchten, die für sie aktuell sind.

Das war meine spontane Meinung. Sicherlich hab ich auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen ...

Liebe Grüße nach Zerbst!

Die Rike